Mirko Dölle

– Journalist –

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Nicht gleich den Anker werfen
Sportbremsscheiben und neue Klötze für den Elch

Nicht einmal 9 Monate, nachdem ich meinen Elch gekauft hatte, gab es die ersten Bremsprobleme: Die rechte vordere Bremse war unnatürlich heiß, was man schon deutlich merken konnte, wenn man die Hand über die Radblenden hielt. Ein kurzer Blick unter das Rad zeigte: Die rechte Vorderbremse war komplett runter, da scheuerte nur noch Metall auf Metall. Der Verschleißsensor hatte übrigens versagt: Normalerweise sollte er bei jeder Bremsung über das Kombiinstrument die verschlissenen Bremsen anzeigen. Ich hatte das Licht aber kaum drei mal gesehen, da war der Sensor auch schon bis auf das Anschlusskabel runtergeschliffen. Man sollte sich also keinesfalls auf diesen Sensor verlassen, zumal es ihn nur vorne rechts gibt -- ist der linke Belag zuerst herunter, etwa weil der Sattel klemmt, gibt es keinerlei Vorwarnung.

Ich beschloss, mir bei der Gelegenheit gleich Sportbremsscheiben für 80 Euro das Paar zuzulegen -- da diese bei Autoteile-Apel kaum 10 Euro teurer waren als normale Scheiben, hab ich nicht lange überleg. Für die Bremsklötze, -Paste, Verschleißsensor und diverse Schrauben bin ich nach Eschwege zu Mercedes Schäfer gefahren. Diese Fahrt hat mich übrigens rund 960 Euro gekostet -- denn ich bemerkte, dass die Kupplung nicht mehr richtig griff, was letztlich in einem Austausch der Kupplung bei meinem Haus- und Hof-Mechaniker Reinhard Dörfler endete. Die Ersatzteile für die Bremse waren mit 50 Euro noch richtig billig...

Für den Wechsel der Bremsen braucht man erstmal zwei Tütchen Bremsklotzpaste (A001 989 9451) sowie vier neue Schrauben für die Bremsanker (A168 421 0071). Zudem braucht man noch zwei weitere Schrauben, die den Bremssattel mit dem Bremszylinder am Bremsanker halten -- davon hab ich leider die Nummer nicht, man braucht sie aber in jedem Fall zum Wechsel der Bremsbeläge, der Teile-Onkel gab sie mir zu den Bremsklötzen dazu. Auf keinen Fall dürft ihr die neuen Sicherungsschrauben für die Bremsscheiben vergessen. Die alten könnt ihr definitiv nicht wiederverwenden, oder ihr kommt in Teufelsküche.

Nachdem die Räder runter sind, holt man sich einen 18er Ringschlüssel und entfernt die Schraube für den Bremssattel (unten). Dann zieht man den Bremsverschleißsensor aus dem Klotz, sofern er überhaupt noch vorhanden ist, klappt den Bremssattel hoch und bindet ihn ganz unbedingt mit zwei großen Kabelbindern an der Federung fest -- damit vermeidet man, dass später der Anker samt Bremssattel komplett runterfällt und die Bremsschläuche beschädigt. Man tut sich deutlich leichter beim Arbeiten, wenn man die Räder gegenseitig voll einschlägst (also nach links für die rechte Seite), weil man dann besser an die Bremsanlage herankommt.

Wenn man den Bremssattel hochgeklappt hat, sieht man schon die Beläge darunter liegen, sowie wahrscheinlich die Abdrücke des Bremszylinders auf der Rückseite. Man könnte jetzt die Beläge da herausfummeln -- ich würde das aber nicht machen, sondern statt dessen mit nem 20er Ringschlüssel die beiden Schrauben des Bremsankers herausdrehen. Dann kann man den kompletten Bremsanker nach hinten von der Bremsscheibe ziehen und hat es einfacher. Hängt der Bremsanker vor einem an den (hoffentlich kurz genug angebundenen) Kabelbindern, dreht man einfach die Bremsbeläge um 90 Grad in der Führung der Kupferfedern und kann sie so ganz einfach nach innen herausziehen. Die Kupferfedern müssen ebenfalls raus, dem Klotz-Set liegen neue bei. Vorsicht, Verletzungsgefahr, die Dinger sind scharfkantig! Hat man die neuen Federn eingesetzt, schmiert man ein kleinwenig Bremsklotzpaste auf die Führung in der Feder, und setzt den Bremsklotz wieder rein -- schräg ansetzen, hineinschieben und dann aufrichten, fertig. Passt bitte unbedingt auf, dass gar überhaupt keine Bremsklotzpaste auf die Reibfläche des Bremsklotzes oder auf die Bremsscheibe kommt! Die Bremsscheibe kann man zur Not mit Bremsenreiniger wieder sauber bekommen, bei einem verschmierten Bremsklotz (z.B. weil man die Seiten vertauscht hat) würde ich ehrlich gesagt lieber neue einsetzen -- so viel ist mir mein Leben wert.

Da die Bremsscheibe schon einmal freiliegt, kann man sie jetzt ebenfalls leicht wechseln. Wichtig: Besorgt euch ganz unbedingt ein wirklich hochwertiges Torx-Bit von Proxxon, KS-Tools oder einer anderen Marke für die Sicherungsschraube der Bremsscheibe! Versucht es in gar keinem Fall mit einem Schlitzschraubenzieher oder einem Billig-Bit, das nicht 1000-prozentig passt. Die Schraube ist nämlich butterweich, wenn ihr sie auch nur schräg anschaut, dreht ihr sie sofort rund und habt dann so wie ich massive Probleme. Es schadet auch nicht, erstmal einwenig mit dem Hammer auf der alten Bremsscheibe in der Nähe der Sicherungsschraube rumzuprügeln, sofern ihr nicht direkt auf die Schraube kloppt -- dann rüttelt ihr sie vielleicht schon ein kleinwenig lose oder brecht zumindest den Sicherungslack auf.

Mich hat ein solches Billig-Bit satte vier Stunden gekostet -- kaum angesetzt, war die Torx-Schraube auch schon rund und das Bit damit überflüssig. Wir haben dann noch einen Schlitz mit einer Proxxon reingeschnitten, um die Schraube mit einem Schraubenzieher rauszudrehen -- alles aussichtslos, der Kopf gab sofort nach. Letztlich haben wir die Schrauben ausgebohrt! Was für eine Drecksarbeit, weil ihr dürft dabei nicht das Gewinde beschädigen. Die Reste des Schraubengewindes hingen natürlich nach wie vor in der Achsplatte, die haben wir dann ganz vorsichtig mit einem Windeisen rausgedreht, indem wir quasi ein neues Gewinde reingeschnitten haben. Dabei hat geholfen, dass die Schrauben deutlich weicher waren als die Achsplatte, wir haben die alten Gewindegänge gut getroffen. Zur Not hätten wir es mit Helicoils reparieren können, es ging zum Glück aber auch so.

Ist die Sicherungsschraube endlich draußen, könnt ihr die Bremsscheibe einfach herunternehmen, wenn sie euch nicht gleich entgegenpurzelt, nehmt den Hammer. Jetzt kommt die Feinarbeit: Ihr müsst sämtlichen Rost von der Achsplatte runterbürsten. Und zwar komplet. Ihr braucht euch nicht unbedingt in der Achsplatte spiegeln können, sie muss aber mindestens metallisch blank sein und glänzen. Wer hier nicht pingelig genau arbeitet, hat später massive Probleme mit rüttelnden Bremsen: Die Bremsscheibe liegt nämlich einfach von der Sicherungsschraube und den Radschrauben gehalten direkt auf der Achsplatte auf. Ist da irgend etwas dazwischen oder die Achsplatte nicht ganz plan, läuft eure Scheibe mit einem Seitenschlag, den ihr bei jedem Bremsmanöver als starkes Vibrieren spürt. Habt ihr die Achsplatte wirklich piksauber, schaut euch noch die Innenseite der neuen Bremsscheiben an. Falls da noch irgend welche Spähne sein sollten, macht sie raus, auch die Scheiben müssen absolut plan sein. Achja, bevor ihr die Scheiben auf die Achse setzt, macht sie gründlich mit Bremsenreiniger sauber -- später kommt ihr nur noch schlecht an die Innenseite. Dan die Scheiben auflegen und mit der neuen Sicherungsschraube ganz sachte fixieren. Denkt dran, die Schraube müsst ihr beim nächsten Wechsel ebenfalls wieder rausbekommen, also behandelt sie wie ein rohes Ei.

Jetzt kann man den Bremsanker wieder festschrauben, man sollte dafür aber die neuen Schrauben benutzen -- bei den alten ist der Sicherungslack durch das Herausschrauben zerbröselt. Bei einem Euro pro Schraube würd ich da nicht sparen. Hat man den Anker wieder festgezogen, drückt man die Bremsklötze wieder an die Scheibe, z.B. mit einer Schraubzwinge.

Dann schmiert man noch etwas Bremsklotzpaste auf die Stelle auf der Rückseite des Bremsklotzes, auf die der Bremszylinder später drückt (siehe alte Bremsklötze). Den Bremssattel bekommt man so aber nicht wieder drauf, erst muss der Kolben einwenig zurückgedrückt werden. Dazu macht man ganz unbedingt erst den Deckel vom Bremsflüssigkeits-Ausgleichsbehälter, damit der nicht am Ende noch platzt. Dann legt man ein Stück Holz oder einen der alten Bremsklötze auf den Bremszylinder und drückt ihn mit Hilfe einer Schraubzwinge soweit zurück, dass der Bremssattel über die neuen Bremsklötze passt. Unterdessen sollte jemand oben aufpassen, dass die Bremsflüssigkeit nicht überläuft. Zur Not saugt man vor dem Zurückdrücken bis zum Minimum ab, drückt den ersten Kolben zurück, saugt wieder ab und dann erst den zweiten. Die Bremsflüssigkeit werft ihr bitte nicht weg, sondern lagert sie ihn einem sauberen Glasgefäß -- schließlich müsst ihr den Behälter wieder bis Maximum auffüllen, bevor ihr losfahrt, und nach den ersten paar Bremsungen nochmal bis Maximum füllen.

Auch für die Befestigung des Bremssattels am Bremsanker benutzt man eine der neuen Schrauben. Hat man den Bremssattel wieder befestigt, kann man das Rad montieren und ist fertig. Bevor man jedoch losfährt, sollte man unbedingt den Ausgleichsbehälter bis zum Maximum füllen und dann mehrfach kräftig auf die Bremse treten, damit der Bremszylinder wieder am Bremsklotz anliegt (Motor anmachen wegen Bremskraftverstärker) und der wiederum an der Scheibe. Sonst wird dein erstes Bremsmanöver ziemlich haarig. Nach der Probefahrt und den ersten sachten Bremsversuchen kontrolliert ihr nochmal den Stand der Bremsflüssigkeit und füllt wieder bis Maximum nach.


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